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- ÖffnungszeitenMittwoch: 10.00 Uhr bis 13:00 Uhr
Freitag-Sonntag: 15.00 Uhr - 18.00 UhrAdresseKirchenweg 4 90562 Heroldsberg
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Masken sind gegenwärtig. Nicht nur zum Karneval schlüpfen wir in eine Verkleidung und maskieren uns, im digitalen Raum
optimieren wir unser Antlitz ständig selbst und spielen als Avatar in einem Computerspiel. Rituelle Masken aus der Südsee oder Papua-Neuguinea spielten eine große Rolle in der klassischen Moderne.
Zwei große Ausstellungen im Kunstmuseum Bonn und im Aargauer Kunsthaus widmen sich derzeit der Maske in der Kunst der Gegenwart und ihrer paradoxen Funktion des Zeigens und Verbergens. Das Motiv der Maske ist auch im Werk Fritz Griebels präsent. Es taucht zuerst im Scherenschnitt Mitte der 1920er-Jahre auf. Es ist vor allem die griechisch-römische Theatermaske als Element seiner Stillleben, die ihn beschäftigte.
Die griechische Theatermaske umschloss den gesamten Kopf und war mit einer Frisur versehen. Es kam weniger auf das Sehen als auf das Reden an, wurde doch der Schauspieler griechisch hypkrités genannt, ein Sprecher im Dialog, ein ,Antworter‘. Die Römer nannten die Theatermaske folglich persona, das heißt ein Ding, durch das etwas hindurchtönt, nämlich die Stimme des Schauspielers beziehungsweise die Worte des Dichters.
Der Einsatz von Masken hatte praktische Gründe: Die Maske ermöglichte einen schnellenRollenwechsel. Denn sämtliche Rollen wurden von Männern gespielt, und in Athen wurden Theaterstücke als Agon, im Wettstreit, aufgeführt. Zunächst bewältigte nur ein Schauspieler ein Stück, bis Sophokles (497–406 v. Chr.) schließlich drei einführte.
Obwohl die Theatermasken den ganzen Kopf verhüllten, nannten die Griechen sie prospon, Antlitz oder Gesicht. Wie
kam es dazu? Die Theatervorführungen und später die griechischen Tragödien von Aischylos (525–456 v. Chr.) und Sophokles haben ihren Ursprung im Kult des Dionysios Eleuthereus, Gott des Weines, der Ekstase und des Wahnsinns.
Ihm wurde ein Heiligtum am Dionysostheater erreichtet, auf dessen Bühne während des Dionysosfestes kultische Gesangs-, Tanz- und Opferriten aufgeführt wurden. Theater wurde nicht nur im Heiligtum an der Akropolis gespielt, sondern auch in den einzelnen Landgemeinden von Attika. Dort stellte man jeweils ein eigenes Kultbild, eine Säule mit dem bärtigen Antlitz des Gottes, auf. Die Geburt der Tragödie war, als der erste Schauspieler den Gott spielte mit einer Nachbildung des Antlitzes vom Kultbild aus stuckiertem
Leinen.
Fritz Griebels surreales Stillleben zeigt zwei schwebende Theatermasken, zwischen denen eine antikisierende Vase steht. Ein weiteres Gefäß und ein Trinkbecher sind jeweils unter den Masken drapiert. Grüne Blätter – neben den hellblauen Schattenpartien einzige farbliche Akzente –, sind auf der Bildfläche verteilt.
Alle Bildelemente sind dicht miteinander verbunden und fast spiegelaxial angeordnet. Während die stilisierte Maske mit geöffnetem Mund und den leeren dunklen Augenhöhlen im Typus eines Gargoyle (Wasserspeier) gestaltet ist, ist der Ausdruck der anderen Maske ernst und melancholisch. Mit ihren dunklen Haaren und den Augen erweckt sie den Eindruck eines tatsächlichen Gesichtes. Beide Masken sind tragische.
Können die Gefäße, in welchen sich vormals Wein befunden haben könnte, sowie die Theatermasken Zeugnis für den Dionysoskult sein, so ist aber auch eine sozio-politische Lesart möglich: In Anbetracht der zeitlichen Datierung der Zeichnung in die 1930er-Jahre, ist es durchaus möglich, dass der junge Künstler hier ein zeitgenössisches Statement über die politische Lage unternahm. Mit Schrecken und Traurigkeit scheinen die Masken in eine ungewisse Zukunft zu blicken. Der Einzelne verbirgt sich hinter einer Maske, die sein Ich verhüllt. Es ist eine Maske der Täuschung.
Text: Antje Buchwald 2019